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Dr. med. Dipl. Chem.
Lothar W. Weber Hautlipide: Regeneration
nach Applikation von antiseptischen Handwaschlösungen Institut
für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Ulm
Einleitung Eine der primären
Funktionen der Haut ist die Abwehr von äußeren Noxen. Die äußerste
Barriere bildet dabei ein Hydrolipidfilm, der in einer Emulsion von Schweiß,
Hauttalg sowie Abbauprodukten aller Hornschichtanteile besteht. Die Abwehrkraft
dieses Films ist wegen zu geringer Barrierewirkung und nicht konstanter Pufferkapazität
verhältnismäßig gering. Die Schutzfunktion der Haut selbst ist
abhängig von ihrer Lokalisation, ihrem Alter, der Konzentration der vorhandenen
Lipide und dem Gehalt von wasserbindenden Anteilen in der Hornschicht.
Ein häufiges Waschen - insbesondere der Hände - bewirkt eine Extraktion
der natürlichen Schutzschicht. Dies gilt auch für die Verwendung flüssiger
Händedesinfektionsmittel. Sie enthalten für ihre biologische, keimtötende
Wirkung einen oder mehrere niedere Alkohole in höheren Konzentrationen. Um
den Hydrolipidfilm nach mehrmaligem Händewaschen nach Kontakt mit potentiell
infektiösem Patientenmaterial oder Schmutz zu erhalten bzw. wieder aufzubauen,
werden den Produkten rückfettende Begleitstoffe in geringen Mengen zugegeben.
Zusätzlich können Spuren von schwer flüchtigen Bestandteilen mit
desinfizierender Wirkung, Geruchsstoffe sowie mehrwertige Alkohole enthalten sein.
Beim Händewaschen werden bevorzugt hydrophile Stoffe, intercorneales Material
sowie ablösbare Hornschuppen mit der Waschlösung weggespült. Standardisierte
Methoden, mit denen diese komplexen Wechselwirkungen in der äußersten
Hautbarriere der Hände zu suchen sind, finden sich bislang nicht in der Literatur.
Methode Um oberflächenaktive Komponenten in der Abwaschlösung
zu bestimmen, wird der physikalische Parameter Oberflächenspannung nach standardisierten,
okklusiven Abwaschversuchen an hautgesunden Probanden herangezogen. Somit kann
der Einfluss von Desinfektionsmitteln und deren Komponenten auf die Hautoberfläche
der Hände nach einmaliger und wiederholter Anwendung untersucht werden.
Reines Wasser besitzt als Waschmedium bei 30 °C, entspricht der Hauttemperatur,
eine herausragend hohe Oberflächenspannung von 71,1 mN/m. Niedere Alkohole,
wasserlösliche Rückfetter, natürliche Emulgatoren, Tensidspuren
sowie Geruchsstoffe können bereits in geringen Mengen die Oberflächenspannung
des Wassers um 10 - 20 mN/m senken. Wiederholte Waschungen einer normal gesunden,
unbehandelten Haut ergeben jedoch nur eine geringe Reduktion der Oberflächenspannung
des benutzten Wassers (0,6 - 1,6 mN/m). Ergebnisse Alkoholische
Händedesinfektionsmittel werden bis zur Trockenheit in die Hände eingerieben.
5, 10 und 15 Minuten später ergeben die nachfolgenden Wasserwaschungen für
das jeweilige Händedesinfektionsmittel spezifische, gleichbleibende Oberflächenspannungswerte.
Die reproduzierbare Oberflächenspannung in Waschlösungen mit unterschiedlicher
zeitlicher Distanz zur flüssigen Händedesinfektion zeigt, dass Alkoholreste
bereits 5 Minuten nach Beginn der Desinfektion keinen Einfluss auf die Oberflächenspannung
der Waschlösung haben. Bei aufeinanderfolgenden Abwaschungen, 5 min, 15 min,
30 min und 60 min nach Desinfektionsbeginn, zeigt die erste Abwaschflüssigkeit
jeweils die stärkste Erniedrigung der Oberflächenspannung, mit Abstand
gefolgt von der zweiten Abwaschflüssigkeit, usw. Spätere Abwaschungen
nähern sich bzw. erreichen die Werte des Kontrollkollektivs. Rückfettende
Substanzen in Verdünnungsreihen bzw. aus Verdunstungsrückständen
beeinflussen unterschiedlich stark die Oberflächenspannung von Wasser. Werden
diese Referenzwerte mit den Messwerten aus In-vivo-Abwaschungen verglichen, lässt
sich die Elutionsrate des Rückfetters aus den gemessenen Oberflächenspannungen
ermitteln. Bei einigen Desinfektionsmitteln konnte eine Elutionsrate der Rückfetter
in der ersten Abwaschlösung zwischen 22 % und 41 % bestimmt werden, d.h.
ein Teil der eingesetzten Rückfetterkombinationen verbleibt in der Haut und
unterstützt damit die Hautlipidfunktion und den Hydrolipidfilm wirkungsvoll.
Schlussfolgerung Die standardisierte Messung der Oberflächenspannung
von Wasser in entsprechenden In-vitro- und In-vivo-Prüfanordnungen erlaubt
es, hautschonende Eigenschaften von Händedesinfektionsmitteln auch nach wiederholtem
Gebrauch praxisnah zu definieren und möglichen Optimierungsbedarf für
die Beeinflussung der Hautlipide an der äußersten Grenzfläche
darzustellen.
Dr. med. Dipl. Chem. Lothar W. Weber
Foto: Gesellschaft für Dermopharmazie |
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