GD - Online K. Adler : GKV-Modernisierungsgesetz in der Dermatologie
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Karlheinz Adler

Erste Erfahrungen mit dem GKV-Modernisierungsgesetz in der Dermatologie - aus der Sicht der pharmazeutischen Industrie

Hermal Boots Healthcare, Reinbek

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) wurden zum 1. Januar 2004 auch einschneidende Änderungen in Bezug auf die Arzneimittelverordnungen vorgenommen. Noch immer bestehen dazu Unsicherheiten. Deswegen seien die wesentlichen Punkte hier noch einmal aufgegriffen.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nur noch bei schwerwiegenden Erkrankungen, wo sie als Therapiestandard gelten, auf Kassenrezept verordnet werden. Eine Krankheit gilt als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Für Rezepturen gelten die gleichen neuen Einschränkungen wie für Fertigarzneimittel. Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr sind von diesen Verordnungseinschränkungen nicht betroffen.

Am 16. März 2004 hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinien verabschiedet und darin die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel festgelegt, die bei schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten und vom Vertragsarzt in Ausnahmefällen mit Begründung weiter verordnet werden dürfen. Nachdem das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung die Änderung der Arzneimittel-Richtlinien genehmigt hat, tritt damit zum 1. April 2004 quasi eine "Positivliste" für nicht verschreibungspflichtige Wirkstoffe in Kraft.

Diese Liste sieht für die Dermatologie weniger Ausnahmen vor, als noch im Entwurf zu dieser Liste enthalten waren. Konkret sind folgende Erstattungsfähigkeiten nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel übrig geblieben:

1. Antihistaminika zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticarien und von schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus
2. Antimykotika zur Behandlung von Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum
3. Nystatin zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten
4. Iodverbindungen zur Behandlung von Ulcera und Dekubitalgeschwüren
5. Salicylsäurehaltige Zubereitungen als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme

Um weitgehend sicherzustellen, dass der Patient die jetzt nicht mehr erstattungsfähigen, aber zur Therapie sinnvollen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel weiter erhält und erwirbt, ist es ratsam, diese Verordnungen auf einem "Grünen Rezept" oder einem Privatrezept auszustellen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass der Apotheker bei solchen Verordnungen an die Angaben des Arztes gebunden ist - er also ohne Rücksprache mit dem Arzt nicht substituieren darf.

Mit der Einführung des GMG wurde auch die Preisspannenverordnung für verschreibungspflichtige Arzneimittel geändert. Sie sieht vor, dass die Apotheke auf ihren Einkaufspreis jetzt nur noch drei Prozent und zusätzlich einen Fixzuschlag von 8,10 Euro aufschlägt. Bei Verordnung auf Kassenrezept muss die Apotheke einen Kassenrabatt von zwei Euro gewähren. Damit sind kaum noch verschreibungspflichtige Arzneimittel für unter zehn Euro erhältlich. Da der Fix-Aufschlag unabhängig von der Packungsgröße (N1, N2, N3) ist, sind Großpackungen relativ günstiger geworden. Bei Langzeitbehandlungen empfiehlt es sich deshalb mehr denn je, N3 zu verordnen.

Auf Grund dieser neuen Preisgestaltung sind verschreibungspflichtige Arzneimittel, die früher mit einem Endpreis bis zu 28,50 Euro in der Apotheke abgegeben wurden, jetzt deutlich teurer. Dabei ist der Preiszuwachs bei früher besonders kostengünstigen Arzneimitteln jetzt relativ hoch, er liegt teilweise beim drei- bis vierfachen des vorherigen Endpreises. Verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bis Jahresende 2003 einen Endpreis von über 28,50 Euro hatten, sind hingegen im Endpreis nun günstiger geworden, und zwar umso ausgeprägter, je kostspieliger sie waren.

Da das Verordnungsrepertoir der Dermatologen zu 90 Prozent in dem Segment erfolgt, das nun teurer wurde, hat das natürlich massive Auswirkungen auf den Arzneimittel-Richtgrößenbedarf der Dermatologen: Einige Kassenärztlichen Vereinigungen haben daraus bereits Konsequenzen gezogen (weitere werden sicher noch folgen) und werden zunächst im Jahr 2004 keine Prüfungen der Arzneimittelverordnungen nach Richtgrößen durchführen, sondern zu der aus früheren Zeiten bekannten Prüfung nach Durchschnittswerten der Fachgruppe zurückkehren. Richtgrößenüberschreitungen ohne gleichzeitige Fachgruppendurchschnittsüberschreitung sind für 2004 mit Sicherheit nicht regressierbar.

Insgesamt hat das GMG im Arzneimittelsektor massive Webfehler offenbart und ist leider eine Art Kreuzung zwischen Dosenpfand und Mautgebühr geworden.


Karlheinz Adler




Fotos: GD Gesellschaft für Dermopharmazie

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