
Dr. Holger Reimann
Rezepturen
an den Grenzen der Therapiefreiheit
Pharmazeutisches
Laboratorium des Neuen Rezeptur-Formulariums (NRF), Eschborn
Nationales und übernationales Recht autorisieren und verpflichten
den Arzt zu einer medizinischen Behandlung Kranker. Hierfür benötigte
Arzneimittel, die keine zugelassenen Fertigarzneimittel sind, müssen in
der Apotheke hergestellt und abgegeben werden. Der Apotheker ist nach §
17 Abs. 4 ApBetrO zur unverzüglichen Herstellung auf Verschreibung verpflichtet,
allerdings vorbehaltlich mehrerer Einschränkungen:
- " formale "Unklarheiten" i. S. § 7 Abs. 1 ApBetrO
- " Ausgangsstoffe ohne die "nach der pharmazeutischen Wissenschaft
erforderliche Qualität" i. S. §§ 6 und 11 4 ApBetrO
- " fehlendes Know-how oder Ausrüstung
- " Rezepturen ohne die "nach der pharmazeutischen Wissenschaft
erforderliche Qualität" i. S. § 6 ApBetrO bzw. diese "nicht
unerheblich gemindert" i. S. § 8 AMG
- " Rezepturen, die Täuschung oder Irreführung i. S. §
8 AMG beinhalten
- " umstrittene Rezepturen bzw. solche mit "umstrittenem" Bestandteil
als "Unklarheiten" i. S. § 7 Abs. 1 ApBetrO
- "Bedenklichkeit" i. S. § 5 AMG
- "Off-label-use" bzw. "Compassionate-use" als "Unklarheiten"
i. S. § 7
Der verordnende Arzt ist sich zumindest der pharmazeutisch begründeten Sachzwänge
in der Apotheke häufig nicht bewusst. Hieraus erwachsende Probleme lassen
sich im Interesse aller Beteiligten - einschließlich des Patienten - weitgehend
vermeiden. Dazu soll der Arzt bei der Verschreibung möglichst wenige Unklarheiten
entstehen lassen, Verständnis für Rückfragen des Apothekers haben
und - ebenso wie dieser - Problemstoffe und -rezepturen auf aktuellem Stand kennen.
Der Apotheker muss über die sich mitunter rasch ändernden pharmazeutischen
Voraussetzungen informiert und bei Bedarf bereit und in der Lage sein, geeignete
Problemlösungen und Alternativen vorzuschlagen. Gerade in Compassionate-use-Fällen,
bei denen Bedenklichkeit einerseits und dringender Bedarf für die individuelle
Behandlung durch ein Rezepturarzneimittel eng beieinander liegen, helfen nur eine
gute Kommunikation und die Nutzung relevanter Informationsquellen, Leitlinien
und Praxishilfen, wie sie u. a. durch die GD, die Arzneimittelkommissionen der
Heilberufe und das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) geboten werden. Konkrete Fallbeispiele
sind zum Verständnis hilfreich.

Foto: Gesellschaft für Dermopharmazie
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