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Prof. Dr. Claudia
Valenta Entwicklung neuer Konservierungsstoffe auf Peptid-
und Polypeptid-Basis Institut
für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Wien
Die Konservierung topischer Arzneimittel (Salben, Cremes, Gele)
kann in der Praxis zu Problemen wie z.B. erhöhtes Allergisierungsrisiko oder
zu Unverträglichkeiten führen (1, 2). Um einen mikrobiellen Verderb
zu verhindern, muss eine Zubereitung hygienisch einwandfrei hergestellt und bei
Bedarf antimikrobiell behandelt werden. Der Zusatz eines geeigneten Konservierungsmittels
(KM) soll eine mikrobielle Kontamination während der Verwendung ausschließen.
In früheren Arbeiten wurde bereits darauf hingewiesen, dass durch das zusätzliche
Verdünnen von an sich ausreichend konservierten Salbengrundlagen ihre mikrobielle
Stabilität nicht mehr gewährleistet ist (3, 4) und daher in diesem Fall
der Apotheker verpflichtet ist, das KM zu ergänzen. Ein KM für Dermatika
sollte folgende Forderungen erfüllen (5): Es sollte ein breites Wirkungsspektrum
haben, nicht toxisch, nicht irritierend, nicht allergisierend sein, einen guten
Verteilungskoeffizienten besitzen, so dass eine ausreichend hohe Konzentration
in der Wasserphase vorliegt, über einen breiten pH-Bereich stabil sein, mit
den verschiedenen Komponenten des Präparates verträglich sein und die
physischen Eigenschaften wie Aussehen, Geruch und Farbe nicht verändern.
Kein KM besitzt alle diese Eigenschaften, daher muss für jedes Präparat
ein geeignetes oder eine Kombination aus mehreren gefunden werden. Da
die Zahl der KM für Dermatika eingeschränkt ist (6) und es ein hohes
Allergisierungsrisiko gibt, erscheint es sinnvoll, nach alternativen Konservantien
zu suchen. Mikroorganismen produzieren eine Vielzahl von Verbindungen, um durch
diese andere Mikroorganismen am Wachstum bzw. an ihrer Vermehrung zu hindern.
Bei solchen Verbindungen handelt es sich nicht nur um niedermolekulare Strukturen
wie Antibiotika, sondern auch um höhermolekulare Peptide und Proteine, die
eine ausgezeichnete antibakterielle und/oder antifungale Wirkung aufweisen. Aus
der Gruppe solcher antimikrobiell wirkender Peptide wurde das Lantibiotikum Nisin
als mögliche Alternative zu bekannten KM auf sein Wirkungsspektrum und seine
Stabilität in Dermatika getestet (7). Jedoch wirken diese Peptide
vorwiegend gegen grampositive Keime und nur eingeschränkt gegen gramnegative
Bakterien, die aber den Hauptteil der abzutötenden Wasserbakterien darstellen.
Eine Möglichkeit, das Wirkungsspektrum zu erweitern ist die Kombination mit
Chelatbildnern. Es konnte z.B. gezeigt werden, dass das Wirkungsspektrum von Nisin
in einem Chitosan-EDTA-Gel auch auf die weitaus problematischeren gramnegativen
Keime ausgedehnt werden kann (8). Bei der Auswahl von Peptiden für
die Austestung als mögliche KM in topischen Zubereitungen sollen folgende
Kriterien herangezogen werden: Geringe bis keine Toxizität, Mindestmolekularmasse
von 3000 Da, um eine Hautresorption auszuschließen (9) und die Verfügbarkeit
genügend großer Mengen des Reinpeptides. Aufgrund dieser Überlegungen
wurde Lysozym ausgewählt. Lysozym, ein globuläres Peptid mit einer mittleren
Molekularmasse von 14 400 Da, ist gut gegen grampositive Keime wirksam. Die Wirkung
beruht auf einer Spaltung der ß-1,4-glykosidischen Bindungen zwischen N-Acetylmuraminsäure
und N-Acetyl-D-glucosaminresten in Peptidoglykanen wie z.B. dem Murein. Dadurch
kommt es zur Bakteriolyse durch direkten Angriff auf die Zellwand grampositiver
Bakterien. Lysozym wird bereits oral und i.v. gegen bakterielle Infektionen eingesetzt.
Topisch wird es gegen Herpes simplex und Herpes zoster angewendet (10).
Das gegen grampositive Bakterien wirkende Lysozym wurde nun mit Verbindungen,
wie Zimtaldehyd, Kaffee- oder Zimtsäure, die auch gegen gramnegative Bakterien
wirksam sind, kovalent gekoppelt. In einer erstern Versuchsanordnung wurde
eine reduktive Kopplung (11) von Zimtaldehyd an die freien Aminogruppen der Lysinreste
des Lysozyms vorgenommen; durch diese Modifikation wurde zwar das Wirkungsspektrum
erweitert, bei der Austestung in dermalen Formulierungen als mögliche neue
Konservantien konnte eine Keimzahlverminderung jedoch nicht im geforderten Ausmaß
der Pharmakopoe erreicht werden (12). Als zweite Reaktion wurde die kovalente
Kopplung von Kaffeesäure bzw. Zimtsäure an Lysozym durch Ausbildung
von Amidbindungen zwischen der Carboxylgruppe des Liganden und einer primären
Aminogruppe am Lysozym durch eine von Carbodiimid vermittelte Reaktion durchgeführt.
Es entstanden neue kovalent gebundene Kaffee- bzw. Zimtsäure/Lysozymkonjugate
(13). Die Austestung des antimikrobiellen Spektrums wurde für alle Konjugate
mit Staphylococcus aureus (ATCC 6538) als Modellkeim für grampositiv und
mit Escherichia coli (ATCC 8739) als Modellkeim für gramnegativ durchgeführt.
Während bei den Lysozym/Kaffeesäure Konjugaten zwar die Wirkung auf
gramnegative Keime verstärkt werden konnte, kam es zu einer Wirkverminderung
gegen grampositive Keime. Die Lysozym/Zimtsäurekonjugate zeigten keine signifikante
Erweiterung des antimikrobiellen Spektrums. Um den Verlust der Wirkung gegen
grampositive Keime der Kaffesäurekonjugate wieder auszugleichen, erschien
es sinnvoll, eine Mischung von Lysozym/Kaffeesäurekonjugat mit Lysozym (1+1)
auf ihre antimikrobielle Wirkung auszutesten. Diese Mischung wurde in 3 verschiedenen
dermal angewendeten Hydrogelen auf ihre ausreichende Konservierung gestestet.
In HPMC und Natrium-Chitosan-EDTA-Gelen war eine ausreichende Konservierung gegeben.
Nur in Carbopol-Gelen war diese aufgrund von adsorptiver Bindung an das Polymersystem
behindert (14). Abschließend kann festgestellt werden, dass es
sich bei Lysozym-Kaffeesäurekonjugaten um interessante neue Konservantien
handelt, deren Penetration durch die Haut aufgrund ihrer hohen Molekülmasse
nahezu auszuschließen ist. Ihre Wirkung hängt jedoch auch vom Vehikel
ab, in dem sie eingesetzt werden. Die antimikrobielle Wirkung sollte daher immer
überprüft werden, da eine Wirkverminderung aufgrund von adsorptiver
Bindung an Vehikelbestandteile nicht auszuschließen ist. Durch neue biotechnologische
Methoden werden immer mehr antimikrobielle Peptide in ausreichendem Ausmaß
zur Verfügung stehen und daher wird ein Einsatz von KM auf Basis von Peptiden/Polypeptiden
immer interessanter werden. Literatur: (1) Van Doorne H.: Preservation
of ointments and creams. Deutsche Apotheker Zeitung 125, 800, 1985 (2) Wallhäußer
K.H.: Praxis der Sterilisation Desinfektion-Konservierung 4.Ed.,p. 319, Thieme
Verlag, Stuttgart 1984 (3) Bernkop-Schnürch A., Valenta C., Urban U.:
Mikrobielle Stabilität von magistral hergestellten Dermatika. Sci.Pharm.
63, 65, 1995 (4) Bernkop-Schnürch A. und Valenta C.: Untersuchungen zur
mikrobiellen Stabilität von magistral hergestellten Cremen und Gelen. ÖAZ
49, 926, 1995 (5) Croshaw B.: Preservatives for cosmetics and toiletries.
J.Soc.Cosmet Chemists 28, 3, 1977 (6) Van Ooteghem M.: Gebrauch von Konservierungsmitteln
in Dermatica. Pharmazie 39, 621, 1984 (7) Valenta C., Bernkop-Schnürch
A. und Teltscher Ch.: Nisin, ein potentielles Konservierungsmittel in topischen
Zubereitungen. Pharmazie 51, 119, 1996 (8) Valenta C.; Christen B., Bernkop-Schnürch
A.: Chitosan-EDTA Conjugate: A Novel Polymer for Topical used Gels. J.Pharm.Pharmacol.
50, 1-8, 1998 (9) Bernkop-Schnürch A., Valenta C., Gatterwe V.: In vitro-skin
permeation of the lantibiotic nisin. Eur.J.Pharm.Biopharm. 42, 336, 1996 (10)
Morant J., Ruppaner H., (Ed): Arzneimittelkompendium Schweiz, Documed Basel 1995
(11) Means, G.E., Feeny, R. E.: Reductive Alkylation of Proteins. Analytical Biochemistry.
224, 1-16, 1995 (12) Valenta C., Bernkop-Schnürch A., Schwartz M.: Modification
of lysozyme with cinnamaldehyde: A strategy for constructing novel preservatives
for dermatics. Int.J.Pharm. 148, 131-137, 1997 (13) Bernkop-Schnürch
A., Krist S., Vehabovic M., Valenta C.: Synthesis and Evaluation of lysozyme derivatives
exhibiting an enhanced antimicrobial action. Eur.J.Pharm.Sci. 6, 301-306, 1998
(14) Valenta C., Schwarz E., Bernkop-Schnürch A.: Lysozyme-Caffeic acid
conjugates: Possible novel preservatives for dermal formulations. Int.J.Pharm.
174, 125-132, 1998 Prof.
Dr. Claudia Valenta
Foto: Gesellschaft für Dermopharmazie |
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